Klage gegen Badeverbot am Mannheimer Strandbad zurückgezogen

Klage gegen Badeverbot am Mannheimer Strandbad zurückgezogen

Mannheimer Morgen 11.03.2022

Mannheim. Jetzt ist es ihm zu blöd. Nach mehr als drei Jahren hat Jörg Schmidt, der frühere Vizepräsident des baden-württembergischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH), seine Klage gegen das Badeverbot am Mannheimer Strandbad zurückgezogen. „Es ging mir darum, einen von mir als rechtswidrig erkannten Zustand zu beseitigen“, schreibt er zur Begründung dem Karlsruher Verwaltungsgericht. „Dass mir bei diesem Vorhaben meine jungen Kollegen mit ausschließlich formalistischen Argumenten so viele Steine in den Weg legen, enttäuscht mich und lässt mich resignieren.“ Er habe nun schlicht keine Lust mehr, sich mit „zwar scharfsinnigen, teils aber widersprüchlichen oder sogar fast abwegigen Argumenten auseinanderzusetzen“.

„Abstruse“ Richter-Begründung

Zunächst hatte das Gericht mehr als zwei Jahre gebraucht, um eine erste Klage Schmidts für unzulässig zu erklären: Die Form sei nicht die richtige. Das nannte der einstige VGH-Vize zwar im Ergebnis vertretbar. Er hätte sich aber früher einen entsprechenden Hinweis gewünscht, um seine Klageart direkt verändern zu können. Das tat er dann vor einem Jahr. Doch jetzt teilte dem Ex-Richter der mittlerweile zuständige erstinstanzliche Kollege mit, die neue Klageform für falsch zu halten. „Mit einer abstrusen Begründung“, sagt Schmidt dem „Mannheimer Morgen“. Er sei sich nun sicher, dass jener Richter ihn abweisen werde. Und da er nicht vor habe, das Ganze an die höhere Instanz – seinen alten Arbeitsplatz in der Schubertstraße – zu tragen, lasse er es jetzt gut sein. Einen sarkastischen Hieb gibt Schmidt dem Karlsruher Verwaltungsgericht indes noch mit: Dass mit dessen tatkräftiger Unterstützung das Badeverbot als „rechtswidrig gewordene Rechtsverordnung“ jetzt weiter gelte, „entspricht nicht unbedingt meinen Vorstellungen vom effektiven verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz für den Bürger“.

Wasserqualität als Begründung für Verbot

Mit der Stadt streitet Schmidt seit 2015 um das Badeverbot. Die Kommune hält das Schwimmen am Strandbad nach wie vor für sehr gefährlich, vor allem wegen der Strömung und der Schiffe. Der frühere VGH-Vize verweist dagegen auf frühere Jahrzehnte ohne Badeunfälle. Zudem gehöre es nicht zu den Aufgaben des Staates, den Einzelnen an einer allenfalls ihn selbst gefährdenden Unternehmung zu hindern. Und die Wasserqualität – mit der das Verbot 1978 begründet wurde – habe sich nachweislich stark verbessert.

Von seiner Kindheit bis zum Verbot sei er selbst mehr als 30 Jahre am Strandbad geschwommen, sagt Schmidt. Heute wolle er das zwar nicht mehr. Doch würde ihn zum einen die kostenlose Badegelegenheit für die Allgemeinheit freuen. Zum anderen gehe es um sein verletztes Rechtsempfinden, weil die Stadt so stur an ihrem Verbot festhalte.

Bedauern beim Förderverein

Dass Schmidt nun seine Klage zurückgezogen hat, bedauert Gisela Korn-Pernikas, die Vorsitzende des Fördervereins Mannheimer Strandbad. „Es ist weiterhin für uns ein großes Anliegen, dass am Strandbad wieder im sauberen Wasser gebadet werden kann.“ Das könne mit einer Schutzzone zur Fahrrinne hin geschehen. Bei der nächsten Mitgliederversammlung werde man über das weitere Vorgehen beraten, kündigt Korn-Pernikas an.

Die Mannheimer Liste hat im vergangenen Jahr im Gemeinderat beantragt, das Baden im Rhein am Strandbad wieder zu erlauben. Zur Antwort erhielt sie von der Stadtverwaltung, dies falle nicht in die Zuständigkeit der Stadträte, sondern der Unteren Wasserbehörde und damit des Oberbürgermeisters. Daher sei der Antrag unzulässig. Zudem wurde auf Schmidts seinerzeit noch anhängige Klage verwiesen. Und inhaltlich ergänzt, die EU habe die Wasserqualität des Rheins zuletzt als „nicht gut“ eingestuft. Zudem sei er wie der Neckar eine „hochfrequentierte Bundeswasserstraße“. Vor dem Schwimmen in diesen beiden Flüssen warne auch die Schifffahrtsverwaltung ausdrücklich.

Strandbad: Als schwimmen noch erlaubt war

  • Das Strandbad liegt in Neckarau zwischen Waldpark und Rhein.
  • 1881 wurde das Gebiet vom Politiker und Unternehmer Carl Reiß erworben. Mit seinem Tod vermachte er es 1914 der Mannheimer Bevölkerung.
  • 1927 wurde dort das Rheinstrandbad eröffnet.
  • Ein Rekord mit rund 40 000 Badegästen sei am 21. August 1932 erreicht worden, schreibt Stadtrat Wolfgang Taubert (Mittelstand für Mannheim) auf den Internet-Seiten des 1997 gegründeten Fördervereins Mannheimer Strandbad (MASTRA).
  • 1978 wurde das Baden im Rhein wegen Schadstoffen untersagt. Das Verbot gilt auch heute noch.
  • Das Areal rund um das Strandbad und die angrenzende Reißinsel sind Naturschutzgebiete.